Unser Heimatdorf inmitten seiner schönen Umgebung.
Wie alle ehemals braunschweigischen Weserdörfer hat Arholzen ein düsteres, ernstes Aussehen; denn fast ohne Ausnahme tragen alle Häuser ein Dach von Sollinger Sandsteinen, die in den zahlreichen Brüchen in der nächsten Umgebung gebrochen und behauen werden. Doch gerade dieser rotgraue, verwitterte Stein ist uns so vertraut, macht alles so heimisch. Einige alte niedersächsische Bauernhäuser mit dem großen Scheunentor, die hohe Giebelseite nach der Strafe gewandt, sind noch eine wahre Zierde für den Ort. Aber wie die Nachkommen der Bewohner dieser Häuser seit einigen Jahrzehnten ihre Trachten geändert haben, so geht man in letzerZeit auch daran, das Aussehen der Wohnstätten zu ändern: Ein halblanger, weiter, blauer Kittel aus „selbstgewerktem" Leinen war früher die alltägliche Kleidung, die am Sonntag gegen einen Beiderwandanzug mit meist zweireihiger, bis an den Hals zugeknöpfter und mit schwarzer Borde eingefaßter Joppe vertauscht wurde. Der Stoff zu diesen Sonntagsanzügen war ebenfalls von den Bewohnern hergestellt aus selbstgewonnener und gesponnener reiner Schafwolle. Vor dem I.Weltkrieg gab es noch zwei Webstühle im Orte, auf denen dieses „Beiderwand" hergestellt wurde. Heute sind die Blaukittel längst verschwunden. Es ist darum nicht zu verwundern, wenn jetzt auch an den alten Häusern die großen Torflügel als Eingang verschwinden und durch neuzeitliche Haustüren ersetzt werden, wenn die großen „Dälen" durch eine Zwischendecke unterteilt werden, um dadurch in der oberen Hälfte neue Wohnräume und unten einen modernen Hausflur zu bekommen. Unser vorstehendes Bild zeigt solch eine bauliche Veränderung am Haus Nr. ass. 9, bei der unter Verwendung des alten Torbogens ein neuer, schöner Eingang entstand.
Unser Heimatdorf ist landschaftlich schön in einem weiten Talkessel des Weserberglandes gelegen. In nächster Nähe erhebt sich der mit Buchenwald bestandene Everstein, der ehemals die stolze Burg der Grafen von Everstein trug. Von hier aus gelangt man in etwa 10 Minuten auf dem Rücken des Burgberges entlang nach einem ehemaligen Forsthaus, dem Perlhaus. Das Forsthaus ist an einen alten optischen Telegraphenturm der von 1833—53 in Betrieb gewesenen Linie Köln—Koblenz—Berlin angebaut. Vom Turm aus hat man einen schönen Ausblick auf die Weserberge. Zwischen dem großen und dem kleinen Everstein steht der sogenannte Tennemannstein. Der Sage nach lebt hier die Jungfrau Tennemann verzaubert im Berg. Im Norden vom Everstein erstreckt sich der Vogler mit der höchsten Erhebung, dem Ebersnackenkopf.
Nicht weit von Arholzen schaut von der Höhe des Auerberges die alte und stattliche Klosterkirche Amelungsborn ins schöne, stille, vom Forstbach durchflossene Hooptal hinab. Das Kloster ist im 12. Jahrhundert gegründet worden und war bis zur Reformationszeit von Zisterziensermönchen bewohnt. Leider ist der schöne, im romanischen Stil erbaute Teil der ehrwürdigen Klosterkirche am Ende des Krieges durch Bomben zerstört worden. Von Amelungsborn führt die Landstraße über das Odfeld nach Eschershausen, der Geburtsstadt unseres Heimatdichters Wilhelm Raabe, der in seinen Erzählungen „Das Odfeld", „Altershausen", „Der heilige Born" usw. Erinnerungen an seine liebe Heimat verwertet hat. Steigt man von Amelungsborn über die Klostermauer den „Küchenbrink" hinab, so kommt man durch das herrliche Hooptal nach dem schmucken Städtchen Stadtoldendorf. Reste einer alten Stadtmauer und das Wahrzeichen der Stadt, der alte Försterbergturm, erinnern daran, daß dieser Ort früher befestigt war. Die schöngeformte Kuppe der Homburg, die sich unmittelbar hinter Stadtoldendorf erhebt, trägt noch gut erhaltene Ruinen, die legten Spuren der einstigen Macht der Edelherren von der Homburg.
Arholzens Nachbarort im Osten, Deensen, ist Wohnsitz des alten Rittergeschlechts derer von Campe. Deensen ist auch der Geburtsort Joachim Heinrich Campes, der das Robinsonbuch deutsch bearbeitet hat. über Deensen und Braak hinaus gelangt man zum Holzberg, der durch seinen Kalkpflanzenwuchs bei den Pflanzenliebhabern bekannt ist. Am Fuße des Berges, bei dem Dorfe Braak, erstrecken sich die Holzbergwiesen, die sich zum Teil auch im Besitz Arholzer Einwohner befinden.
Im Süden von Arholzen dehnt sich der Solling aus mit seinen Fichtenbeständen, seinen Steinbrüchen und seinem Reichtum an Rot- und Schwarzwild. Ein beliebtes Ausflugsziel bildet der Forstort Schießhaus, der auch gern in Herbstesnächten aufgesucht wird, wenn die Hirsche brüllen. Auf dem Wege zurück, in unmittelbarer Nachbarschaft unseres Heimatdorfes, liegt das kleine ehemalige Glasbläserdorf Schorborn, das mit Arholzen und Hunzen gemeinsam im Jahre 1150 in den Homburger Regesten erwähnt wurde und ebenfalls zur 800-Jahrfeier rüstet.
Ursprung des Dorfes und seine Entwicklung bis zum Ausgang des Mittelalters.
Unser Heimatdörfchen liegt ungefähr in der Mitte des vormals braunschweigischen und seit 1941 hannoverschen Kreises Holzminden. Durch den Bahnhof Deensen-Arholzen ist es an die Bahnstrecke Holzminden — Kreiensen angeschlossen, die seit 1865 im Südosten am Dorf vorüberführt. Mitten durch das Dorf fließt ein kleiner Bach, der „Knickbach", der seinen Ursprung in den Deenser Teichen hat und im Südwesten des Ortes zwischen dem Kippberg und dem Henningsbrink vom Beverbach aufgenommen wird. Von der Kreisstadt ist Arholzen 11 km entfernt. 4 km trennen es von Stadtoldendorf, zu dessen Amtsgerichtsbezirk es gehört.
Seit alten Zeiten führte an Arholzen eine alte Heerstraße vorbei. Es war die Straße, die vom Rhein und aus Westfalen über Höxter—Holzminden—Gandersheim—Seesen nach Goslar, Halberstadt, Magdeburg und Berlin bzw. nach Braunschweig verlief. In Bevern verzweigte sich die Heerstraße. Eine führte weiter über den Kratzeberg nach Negenborn, Eschershausen und Vorwohle. Denselben Verlauf hat heute die Straße 64. Die andere verlief von Bevern aus südlich an Lobach vorbei über den festen und wasserdurchlässigen Henningsrücken, kreuzte die jetzige Straße Lobach-Arholzen nördlich vom „Dröbbert" und führte unterhalb des heutigen Arholzer Friedhofes gerade weiter auf die jetzige Wegekreuzung Bahnhof—Negenborn—Stadtoldendorf (undern Kruize) und dann direkt auf Stadtoldendorf zu und weiter nach Vorwohle. Hier liefen beide Zweigstraßen wieder zusammen. Die langgestreckte Lage Arholzens in der Verkehrsrichtung läßt darauf schließen, daß zeitweise die Heerstraße oder ein Nebenweg derselben durch das Dorf führte. Daß aber der Hauptweg nicht immer durch den Ort ging, mag eine Eintragung aus dem Jahre 1607 in den Amtsregistern des fürstlichen Hauses und Amtes Fürstenberg darlegen: „Hantke Krüger (Gastwirt in Arholzen) ist ein geringer Krug und außer der Landstraße, gibt 1 Tlr. 16 Mariengroschen "an Krugzins (1 Taler=36Mariengroschen zu 8 Pfg.).
So unmittelbar an einer alten Heerstraße gelegen, werden die Einwohner Arholzens oftmals Zuschauer großer und kleiner Kriegszüge gewesen sein, die in dem so kämpf- und fehdelustigen Mittelalter nicht selten gewesen sind. Im Jahre 775 erschien Karl der Große mit seinen Franken bei Höxter an der Weser. Nachdem er den Sachsen eine blutige Niederlage am Brunsberg bereitet hatte, setzte er über den Fluß und drang weiter vor, ohne Widerstand zu finden. Der Solling zwang zu einem Ausbiegen nach Norden, und so wird Karl der Große mit seinen Kriegern an der Stätte vorbeigezogen sein, an der sich wahrscheinlich erst kurz zuvor die ersten Einwohner des späteren Dorfes Arholzen angesiedelt hatten.
Arholzen entstand im sächsischen Engern, im Siedlungsgebiet der Cherusker. Es lag im Gau Auga, der sich zu beiden Seiten der Weser von Forst bis Beverungen erstreckte und dessen Hauptort das im Jahre 822 gegründete Kloster Corvey im Bistum Paderborn wurde. Die Gründung des Dorfes wird vor 800 erfolgt sein. Es geschah in der sogen. 2. Siedlungsperiode (nach Gusman) zwischen 500 und 900, in der die Ortschaften entstanden, deren Namen auf -hausen (verkürzt oft zu -sen), -heim, -dorf, -feld, -bach (-beck, -born), -au, -werden endigen. Die Siedlungen dieser Zeit haben im Durchschnitt weniger günstige Lage und oft auch schlechteren, erst gerodeten Ackerboden.
Der ursprüngliche Ortsname Adololdeshusen lässt uns vermuten, daß sich hier zuerst ein Mann mit Namen Adolold ansiedelte. Zum ersten Mal taucht der Name des Dorfes in einer Schenkung an das Kloster Corvey auf. Zwischen 891 und 1037 ist es gewesen, als ein Falchardus in Adololdeshusen an das Kloster 30 jugera (Morgen) und 1 jurnalem (Acker von 35 Fuß Länge und 24 Fuß Breite) gab. Mit dieser ersten Erwähnung rückt der Ort noch nicht ins Helle der Geschichte. Aus dem ganzen Mittelalter liegen nur einzelne Urkunden vor, die sehr spärlich über Arholzen berichten.
1150 wird Odololdeshem als hildesheimisches Lehen, zur Herrschaft Homburg gehörig, erwähnt. Damals übertrug Graf Hermann von Winzenburg das castrum (Burg) Homburg der Kirche zu Hildesheim zu ewigem Eigentum, um es als Lehen zurückzuempfangen. Zur Herrschaft Homburg gehörten damals 200 Hufe Land und zwar das ganze Dorf Hunzenhusen (Hunzen) mit seiner Capelle, Ulrikeshagen und Osteressen (beide westlich von Stadtoldendorf, wüst geworden, d. h. von den Einwohnern verlassen), Odololdeshem (Arholzen) und Scorenburen (Schorborn). Diese Schenkungsurkunde vom 8. Mai 1150 ist das erste genau datierte Zeugnis über das Bestehen Arholzens und der Grund dafür, daß wir in diesem Jahre in unserer Heimatgemeinde die 800-Jahr-feier durchführen. Die Gründung des Ortes liegt jedoch viel weiter zurück, wie bereits erwähnt wurde, so daß wir vom über 1000-jährigen Arholzen sprechen können. In der Folge erwarb das Kloster Amelungsborn nach und nach das ganze Dorf. Arholzen wird urkundlich erwähnt in den Jahren: 1166, 1186,1196/8,1220,1237,1302/12, 1316,1324,1336,1340,1342,1346, 1358,1363. Die Urkunde aus dem Jahre 1166 besagt, daß der Herzog von Bayern und Sachsen (Heinrich der Löwe) seine curtis (Landgut mit Äckern, Wiesen und Waldungen) in Adelloldessen dem Kloster Amelungsborn schenkte. Im Dorf ist man der Meinung, daß dieser Hof Heinrich des Löwen der jetzige Vollmeierhof Grupe (Nr. ass. 16) gewesen sein müsste. Die Kirche zu Altenthorpe (Stadtoldendorf) besaß in Arholzen einen Korn- und Fleischzehnten, der 1186 an das Kloster Amelungsborn verkauft, im Jahre 1237 jedoch wieder an die Kirche zu Stadtoldendorf zurückgegeben wurde. Um 1196/8 vertauschte Abt Widukind von Corvey 1 Hufe Landes in Adololdessen ans Kloster Amelungsborn, vielleicht dieselbe Hufe, die Corvey 891/1037 in Arholzen erworben hatte.
Der Name des Ortes änderte sich im Laufe der Zeiten: Aus Adololdeshusen (891/1037) wurde Odololdeshem (1150), Adelloldessen (1186), Adeloldesheim (1220), Adeloldessen (1237), Aderoldessen (1302), Aroldissen (1494), Aroldessen (1561), Arholtzen (1694), Arholdsen (1755), Ahrholzen (1810) und schließlich Arholzen (1881).
Wie angeführt, lag Arholzen anfangs auf paderbornischem Boden. Später kam es zur Herrschaft Homburg und wurde dann allmählich vom Kloster Amelungsborn erworben. In welchem Abhängigkeitsverhältnis stand nun Arholzen zu dem Eversteiner Grafengeschlecht, dessen Stammburg sich unweit erhob? — Von einer Ausübung von Grafschaftsrechten findet sich kaum eine Spur. Von Adololdessen beim Everstein melden uns Urkunden keine Eversteinischen Güter (Spilcker). Im Jahre 1284 war wieder einmal fremdes Kriegsvolk in unserem Heimatgau: Herzog Heinrich der Wunderliche von Grubenhagen belagerte den Everstein. Es ist nicht bekannt, wie die Belagerung verlaufen ist. Jedenfalls gelangte die Burg durch Kauf in den Besitz des Herzogs. 1493 wurde die Burg mit Bewilligung des Herzogs Wilhelm von Calenberg vom Kloster Amelungsborn niedergerissen. Die Überlieferung weiss von einem Grafen Otto von Everstein zu berichten, der den Aussatz hatte und in oder bei Arholzen wohnte. Seine Betstunde soll er im Sommer in einer Höhle, Ottenshöhle genannt, gehalten haben, deren örtlichkeit nicht mehr bekannt ist. Die Flurbezeichnung „Auf dem oberen Ottenhols Campe" (zwischen Arholzen, Schorborn und Deensen, auf Arholzer Feldgemarkung) erinnert noch heute an jene Begebenheit.
Auf der Arholzer Feldmark standen früher zwei alte Kreuzsteine, etwa 200 m nördlich der Eisenbahnstation Deensen-Arholzen (Flurbezeichnung: Unter dem Kreuze). Es waren sog. Sühnesteine, die zum Gedächtnis irgendeines ermordeten oder verunglückten Menschen errichtet wurden. Heute stehen beide Steine im Park des Herrn von Campe in Deensen. Der größere von beiden ist der Ibermannstein (Sage und Aberglaube!). Nach Johann Letzner's Dasselscher und Einbeckscher Chronik erinnert der in Kreuzesform durchbrochene Stein an einen hier im Jahre 1403 ausgefochtenen Kampf zwischen drei Dienstleuten des Grafen Hermann von Everstein. Bei dem Kampf, dem ein Wortgefecht voranging, sollen Hans Ibermann der Koch und Nicolaus Neuber, der Schildknecht desGrafen, tot auf dem Platz geblieben sein. Von der Inschrift des Steins sagt Letzner, dessen Werk 1596 herausgegeben wurde, sie habe gelautet: Hie occisus Nicolaus Neuber. armiger, requiescat in pace (Hier wurde der Reisige Nicolaus Neuber von Ubere getötet. Er ruhe in Frieden.). Im ganzen Kreis Holzminden gibt es noch viele solcher Kreuz- und Denksteine. Auch in der Mauer des Grupeschen Hofes (Nr, ass. 16) befindet sich solch ein Kreuzstein (S. Umschlagbild!).
Es waren damals unruhige Zeiten. Auf dem Lande herrschte Unsicherheit und Unfreiheit. 1434 wurde in einer Fehde zwischen Herzog Wilhelm von Calenberg und dem Grafen von Hoya die Burg Everstein genommen und zerstört. 1447 zogen die Hussiten bei Holzminden über die Weser, wobei die Dörfer in der Umgebung von Holzminden geplündert und niedergebrannt wurden. 1470 wurde Stadtoldendorf belagert und das Land verwüstet. Von Arholzen erfahren wir aus jener Zeit nichts. Es ist jedoch anzunehmen, daß seine Einwohner schwer zu leiden hatten.
1493 lag Arholzen wüst, d.h., es war von seinen Einwohnern verlassen worden. Sie mögen sich in den umliegenden Dörfern neu angesiedelt haben. Auch Altendorf, Braak, Derental, Reileifzen und Wangelnstedt lagen verlassen da. Einige Jahrzehnte später wurden alle diese Orte einschließlich Arholzen unter Herzog Heinrich dem Jüngeren (1514-1568) wieder besiedelt. Eine große Anzahl von Dörfern ist in jener Zeit wüst geworden und später nie wieder besiedelt worden. Zwischen Arholzen und Stadtoldendorf lag das Dorf Ostersen, dessen letzte Einwohner nach Deensen und Stadtoldendorf gegangen sein sollen. Vorm Solling, zum Teil auf heutiger Arholzer Feldmark, lag ehemals das Dorf Lohe, auch wohl Laheim genannt. An dem Allersheimer Weg bei dem „Kerkenborn" werden noch heute die Trümmer der Kirche zu Lohe gezeigt. Sehr groß ist im Kreise Holzminden die Zahl der Wüstungen. Viele Dörfer verschwanden während der Fehden des 14. und 15. Jahrhunderts oder wurden Opfer der schrecklichen Hildesheimer Stiftsfehde (1519 bis 1 522). Die Ursache für das Wüstwerden der weitaus meisten Dörfer ist in wirtschaftlichen Gründen zu suchen. Der harte Druck der Zinsherren zwang zur Aufgabe des Hofes. Häufig waren durch zu starke Rodungen Landstrecken in wirtschaftliche Nutzung genommen worden, die sich nicht als ertragreich genug erwiesen und darum wieder verlassen wurden.
Entwicklung des Dorfes vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart.
Arholzen gehörte nach seiner Wiederbesiedlung zum Amt Fürstenberg im Besitz der weifischen Herzöge. Später wurde ein Teil des Amtes als selbständiger Verwaltungsbezirk abgetrennt. Es entstand das Amt Holzminden-Allersheim, zu dem die Dörfer Altendorf, Merxhausen, Braak und Arholzen gehörten. Amtssitz wurde die Domäne Allersheim.
1618 brach der Dreißigjährige Krieg aus. Die ersten Jahre waren für unsere Gegend noch friedlich. Im Juli 1623 erschien der kaiserliche Feldherr Tilly bei Höxter an der Weser. Die erste Heimsuchung begann für das Weserland: Das Kloster Amelungsborn wurde ausgeraubt, Stadtoldendorf belagert und eingenommen und das Land ringsum verwüstet. Daß dabei auch Arholzen und seine Einwohnerschaft nicht verschont blieben, ist gewiß. Vom Dorf Lobach berichten die Akten, daß Monsieur Tillys Kriegsvolk ihm Anno 1623 für 1043 Taler geraubt habe. Im Jahre 1626 entstand in Arholzen bei den Durchmärschen und Plünderungen ein Schaden von 905 Tlr. Siebenmal zogen feindliche Kriegsscharen durch unsere Heimatflur. Waren es anfangs die Kaiserlichen, so kamen später noch die Schweden hinzu. Es waren furchtbare Not- und Elendsjahre. Das Volk verarmte. Aus jener Zeit stammt noch das Haus Nr.ass.23, das älteste des Dorfes, das im Jahre 1636 von Joachim Grupen und Maria Pütker erbaut wurde.
Die Amtsregister Fürstenbergs berichten uns manches über Landgerichtsbrüche. 1619/20 heißt es: „Hantke Krüger zue Aroldissen das er Hansen Christoph Hoetop Sohn und dessen ganze freundschaft für Schindere geschulten, zur Strafe zahlet 8 Taler."—„Christoph Hoetop, das er Herman Hoetop mit einem Glase ins gesichte geworfen zue Strafe geben 1 Taler." Auch mit den Nachbargemeinden lebte man nicht immer in Eintracht. 1607/8 lesen wir: „Die Gemeinde daselbsten (Aroldissen), das sie den Laubischen (Lobachschen) Schweynen Hirten sambt den Schweynen mutewilligen Weise aus dem Holtze gejaget, dem Schweer feindselig zugesetzet, mit Steinen Erst Ine geworfen, Und als er von den Schweynen verlaufen müssen, die samtlichen Schweyne in Jörgen Roloffs fünf Morgen Gersten gelofen Und dieselbe vernichtet Und verderbet, Erkannt in des Herren Gnade, Und der Schaden Zuerstatten Abgehandelt und aufgeben 9 Taler und 19 Mariengroschen."—Zu solchen Auseinandersetzungen konnte es kommen, da sich die Arholzer Weide größtenteils am Solling (Honigbreite, Heidbrink, Kippberg) befand und außerdem die Koppelhude am Kippberg mit Lobach gemeinsam benutzt wurde.
Bis zum Dreißigjährigen Krieg und noch darüber hinaus ist der Hexenglaube verbreitet. Im Fürstenberger Amtsregister aus dem Jahre 1619/20 findet man folgende Eintragung: „Margarete Schapers von Aroldissen so bezigtigten Zauberey halber den 14. August! In Haft gebracht, Und darin bis auf den 4. Septembris behalten, vor die Atzung die Zeit über entrichtet = 5 Taler."— Das arme Weib wurde also nicht nur unschuldig in Haft gesefjt, sondern sie hatte auch noch ein Kostgeld zu zahlen.
Während des Krieges hatte die Wolfsplage zugenommen. Die Wölfe drangen am lichten Tage in die Häuser. Die Pest herrschte im Lande. Ihretwegen konnte 1658 der Pastor(wohnhaft in Stadtoldendorf) lange Zeit keinen Predigtgottesdienst in Arholzen halten. So schrecklich der große Krieg auch im Lande wütete, und wie groß auch die Verwüstungen und Plünderungen gewesen waren, die Existenz der Dörfer, ja auch der Hofstellen, wurde kaum bedroht. Zu Beginn des Krieges, im Jahre 1622, als noch Friede in dieser Gegend herrschte, befanden sich in Arholzen 3 Ackerleutehöfe (Gebrüder Nolte und Hans Hagetopf, Adam Sprenger und Tyle Jacobs), 9 Halbspännerhöfe (Albert Burchards, Hermann Dormeier, Johann Ludeking, Hans Leßmann, Hartke Krüger, Hans Hoetopf, Hans Nußbaum jun., Joachim Hartop und Jürgen Dormeier) und die Häuser von 4 Häuslingsfamilien (Coy Ewalier, Hans Flöteier, Hermann Böhmen und Joachim Stiven). 1640, nachdem bereits viermal feindliche Kriegsheere durchgezogen waren, zählen wir immer noch 12 Bauernhöfe. Nach den Friedensschlüssen, im Jahre 1650, werden sogar 15 Hofstellen erwähnt.
Die ersten Einwohnernamen liegen aus dem Jahre 1584 vor: Burchardts, Jacobs, Eylerdts, Hartur, Hohetur, Dore Meyer, Jürgen zur Linden (Gastwirt). Von den jetzigen Familiennamen tauchten zuerst auf: Grupe, Pütker, Oppermann (1639/40), Busch (1694), Dehne, Schmidt, Blume, Schünemann.Mönkemeyer, Ohm, Eylers, Wittlaken, Meyer (1740) und schließlich noch Lohmann, Dörger, Jäger, Stichweh, Starke (1755). Auf den Höfen Nr. ass. 7 und 11 saßen schon vor dem Dreißigjährigen Kriege die Borchers. Die Bonhagen (Nr. ass. 4) tauchten während des Krieges auf. 1663 lesen wir die Namen Fischer (Nr. ass. 5 und 8).
Die ersten Einwohnerzahlen liegen aus demJahre 1663 vor.Arholzen hatte damals 94 Einwohner, die Kinder unter 14 Jahren nicht mitgerechnet. Die Gesamtzahl wird etwa 125 gewesen sein, die sich auf 28 Familien verteilte. 1694 waren 34 Familien vorhanden. 1740 belief sich die Zahl auf 41 und im Jahre 1755 auf 46.
Von der Mitte des 18. Jahrhunderts ab fließen die Quellen über unseren Heimatort reichlicher. Da war es zunächst die Tätigkeit der General-Landes-Vermessungs-Kommission. Sie entwarf auf Grund genauer Vermessungen Risse der einzelnen Dörfer und ihrer Feldmarken und fertigte die zugehörigen Dorf-, Feld- und Wiesenbeschreibungen an. Diese Feldmessung wurde in Arholzen unter Chr. Jac. Laurentius im Jahre 1755 durchgeführt. Die Dorfbeschreibung unterrichtet uns genau über die derzeitigen Besitz- und Lebensverhältnisse, über die grundherrliche Verwaltung und Gerichtszugehörigkeit des Dorfes usw. Der Ort besaß damals eine Kirche, eine Schule, ein Gemeindebackhaus und ein Gemeindehirtenhaus. Ein Kuh- und ein Schweinehirt waren vorhanden. Der Kuhhirt war zugleich Nachtwächter. Amtsvogt war der Dreiviertelmeier Conrad Grupe. Er bekam für sein Amt von Allersheim jährlich 25 Taler, 17 Mariengroschen und 5 Malter Holz aus dem Solling. Außerdem hatte er Steuerbegünstigungen. Großköter Joh. Friedr. Borchers (Nr. ass. 7) hatte vom Amt Allersheim den Krug für 11 Taler und vom Kloster Amelungsborn die Schäferei für 14 Taler jährlich gepachtet. Ein Übel scheint schon damals geherrscht zu haben: Das Wasser fehlte gar leicht. An Brunnen gab es nur eine Quelle in Jürgen Borchers Garten (Nr. ass. 11), die aber auch sehr „nachgiebet". Holz besaß die Gemeinde nicht; sie mußte es aus dem Solling kaufen. Freitag und Sonnabend waren Holztage. Einnahmen hatte die Gemeinde nur durch das Gemeindebackhaus, nämlich 4 Taler im Jahre. Die Einwohner mussten das Brennholz zum Backen selbst mitbringen.
Von den Ereignissen des Siebenjährigen Krieges blieb der Ort nicht ganz unberührt. 1757 berichtete der Stadtoldendorfer Pfarrer von einem Gefecht bei Arholzen: „Den 13. Juli ist zwischen einem Hannoverschen und Französischen Commando eine Action in dem Dorfe Arholtzen vorgefallen. Von den ersten ist ein Lieutenant bey der Cavallerie H. von Schneen und drei von der Infanterie geblieben und 1 Verwundet, von letztem sind 6 geblieben welche insgesamt hierher gebracht. Der benannte Offizier ist in hiesiger Kirche, die übrigen 9 auf dem Kirchhof beerdigt." Jenes Gefecht kann bei der Scheune des Hofes Nr. ass. 1 (im letzten Krieg durch Bomben zerstört und neu aufgebaut) stattgefunden haben. Es waren noch jetzt Kugeleinschläge in den Torpfosten zu erkennen.
Von 1807—1813 war das Herzogtum Braunschweig ein Teil des Königreichs Westfalen unter Jerome Napoleon. Arholzen gehörte zum Canton Stadtoldendorf im Distrikt Einbeck, im Departement Leine. Die alte Ämtereinteilung hatte damit ihr Ende erreicht. Nach der Beseitigung der Fremdherrschaft wurden in Holzminden, Eschershausen und Ottenstein Kreisgerichte gebildet. Seit dem Jahre 1832 bestand die Gliederung des Landes Braunschweig in 6 Kreise als Verwaltungsbezirke. Arholzen gehörte seitdem zum Kreis Holzminden und seit 1879, nach der Einteilung des Kreises in 4 Amtsgerichtsbezirke zum Amtsgerichtsbezirk Stadtoldendorf. Während des letjten Krieges, am 1.8. 1941, gelangte der Kreis Holzminden im Austausch gegen den Kreis Goslar an die Provinz Hannover.
Gemeindevorsteher (heute Bürgermeister) waren seit etwa 1825: Christian Schoppe, Karl Grupe sen., Heinrich Busch, Karl Grupe jun., Heinrich Grupe, Wilhelm Grupe, Heinrich Rojahn, Karl Blume, Heinrich Rojahn, Ernst Bodenhagen und jetzt Wilhelm Grupe. Während ihrer Zeit vollzog sich die Ablösung der Reallasten und der Dienste (1834) und die Separation (1904). Die Einwohnerzahlen des Dorfes stiegen von 560 (1847), auf 605 (1875), fielen dann auf 559 (1885), stiegen wiederum auf 600 (1895) und 617 (1905), um dann endgültig zu fallen: 546 (1925), 520(1933).
Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 kämpften etwa 10 Arholzer mit, von denen Heinrich Mönkemeier im Lazarett in Frankreich starb. Die Opfer des 1. Weltkrieges waren größer. Von 120 Männern kehrten 27 nicht zurück. Im Jahre 1927 wurde den Gefallenen neben dem Friedhof ein von dem Arholzer Bildhauer August Dörrier angefertigtes Ehrenmal errichtet. Die Gemeinde beklagt nach dem legten großen Kriege 16 Gefallene und 13 Vermisste bzw. aus der Kriegsgefangenschaft noch nicht Zurückgekehrte.
Während des letzten Krieges wurden in Arholzen Familien aus den bombenbedrohten Städten Münster und Aachen untergebracht, die heute größtenteils wieder zurückgekehrt sind. Bei Beschuß von Zielen auf der Eisenbahnstrecke und der Landstraße durch Bomben und Bordwaffen sind im Dorf 3 Scheunen zerstört und mehrere Häuser beschädigt worden. Am 8. April 1945 besetzten amerikanische Truppen den Ort.
Nach dem Kriege (1945/46) sind über 400 Ostvertriebene in die Gemeinde aufgenommen worden. Die Einwohnerzahl Arholzens verdoppelte sich dadurch. Am 1. Januar 1950 hatte Arholzen 1017 Einwohner: 503 Ortsansässige,219 Schlesier, 116 Ostpreußen,27 Ostpommern von jenseits der Oder, 10 Ostbrandenburger von jenseits der Oder, 7 Sudetendeutsche, 50 andere Vertriebene aus dem Osten, 70 Umquartierte (Evakuierte) aus der britisch besetjten Zone und 15 Umquartierte aus der russisch besetzten Zone.
Bäuerliche Verhältnisse.
Zur bäuerlichen Bevölkerung gehörten im engeren Sinn nur die Ackerleute oder Vollmeier, die Halbspänner oder Halbmeier und die Köter oder Kothsassen, im weiteren Sinn umfaßte sie die gesamte Landbevölkerung. Der Vollmeierhof gehörte seiner Größe nach zur ersten Klasse im Dorfe. Im südlichen Niedersachsen hatte der Vollmeier in der Regel 4 Hufe Ackerland = 120 Morgen. Der Halbmeierhof hatte die halbe Größe eines Vollmeierhofes. Im Weserbezirk fand man noch die Klasse der Dreiviertel- und Viertelmeier. Ein Dreiviertelmeier war in Arholzen seit 1755 vorhanden (Nr. ass. 1). Die nächstniedrige Klasse bildete die der Köter. Hier unterschied man zwischen dem Groß- und Kleinköter. Die Großköter waren in Arholzen immer die mengenmäßig am stärksten vertretene Bauernklasse. Spät erst wurde der Brinksitzer ein Bewohner des Dorfes. Sein Haus baute er auf die unmittelbar beim Dorfe liegende Gemeindeweide (an den Brink des Dorfes). Außer seinem Haus besaß er nur wenig Garten- und Ackerland. Der Brinksitzer wohnte außerhalb der Ansiedlung und war anfänglich nicht Mitglied der Dorfgemeinde. Die Neuansiedler trugen von der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ab die Bezeichnung Neue Anbauer. Nach einer bestimmten Zeit wurden sie zu Brinksitzern. Zur niedrigsten Klasse der Landbevölkerung gehörte der Häusling. Er wohnte bei einem Bauern zur Miete, hatte kein eigenes Haus.
In Arholzen war die Zahl der Bauernhöfe seit 1755 konstant: 1 Vollmeier, 1 Dreiviertelmeier, 2 Halbmeier, 7 Großköter und 2 Kleinköter. 1622 gab es 3 Vollmeier. Es waren die späteren Voll- und Dreiviertelmeierhöfe Nr. 16 und 1, sowie die jetzigen Halbmeierhöfe von Wilhelm Dehne und Karl Keunecke, die damals noch einen Hof bildeten.
Der Bauer besaß seinen Hof zumeist nicht als Eigentum. Er hatte ihn in alter Zeit von einem Grundbesitzer erhalten, dem es nicht möglich war, seine Ländereien allein zu bewirtschaften. Der Bauer hatte nur ein mehr oder weniger großes Nutzungsrecht an dem Hof und war dem Eigentümer zu Abgaben und Leistungen verpflichtet. Der Eigentümer des Bauernhofes ist der Grundherr, und sein Recht am Hof bezeichnet man als Grundherrschaft. Grundherr konnte der
Landesfürst, die Kirche, Edelleute und andere sein. Das Besitzrecht regelte das Verhältnis zwischen dem Grundherrn und dem Bauern.
Das häufigste bäuerliche Besitzrecht Niedersachsens war das Meierrecht. Die weitaus meisten Bauern besassen ihren Hof meierweise; d. h. sie hatten das erblich dingliche Recht auf die Nutzung des fremden Besitzes. Der Meiervertrag war auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen und musste dann erneuert werden. Er war niedergelegt in dem Meierbrief. Schlechte Wirtschafter und unpünktliche Zinszahler konnten abgemeiert werden. Die Leistung des Meiers für Nutzung des Meiergutes bestand meistens in Geldzinsen und Naturalabgaben.
Grundherr der Arholzer Bauern war das Kloster Amelungsborn. Dorthin ging der Meierzins. Außerdem lag auf allen Höfen ein Hofzins, der in Hühnern und Eiern zu zahlen war. 1622 betrug die Abgabe für den Ackerhof der Gebrüder Hagetopf 4 Hühner und 80 Eier. Die beiden anderen Ackerleute und die 8 Halbspänner gaben die Hälfte. 1685 waren von der gesamten Länderei, die damals 683 Morgen betrug, 633 Morgen Meierland.
Neben dem Meierrecht gab es noch andere Formen des Besitzrechtes. Für Arholzen kam noch das Erbenzinsrecht in Frage. 1685 waren 50 Morgen Erbenzinsland vorhanden. Es war das in den Jahren vorher neu gerodete Land. Der Erben- oder Rottzins wurde an das Amt Allersheim gezahlt.
Der Grundherr besass ein Recht auf Abgaben und Leistungen des Bauern, ohne das er Eigentümer des Hofes war. Solche Lasten waren die Dienste und die Reallasten. So bestand z.B. die Abgabe des Rauchhuhnes. Sie wurde in Arholzen an das Amt als den Gerichtsherrn geleistet. Jeder Meier, Köter und Brinksifjer zahlte jährlich 1 Huhn.
Als schwerste Reallast ruhte der Zehnte auf dem bäuerlichen Besitz. Karl der Große hatte ihn nach der Unterwerfung der Sachsen als Abgabe an die Kirche eingeführt. In Arholzen waren das Kloster Amelungsborn und auch die Herren von Campe in Deensen zehntberechtigt. 1622 zog das Kloster Amelungsborn sogar den Fünften von 260 Morgen, d. h. jedes 5. Bund Korn auf dem Felde ging nicht in die Scheune des Bauern, sondern wurde vom Kloster abgeholt. 1755 bekam das Kloster den Fünften von 324 Morgen altem Meierland, den Zehnten von 469 Morgen neuem Rottland und das adelige Haus Deensen den Zehnten von 19 Morgen sogen. Seuchenland. Zehntfrei waren 6 Morgen. Neben diesem Fruchtzehnten gab es in Arholzen noch den Fleischzehnten. Das Kloster bekam von jedem Haufen Gänse 1 Stück.
Die drückendste Last war die der Dienste, die an das Amt zu leisten waren. Die Bauern wurden dort zur Arbeit in den Domänen gebraucht. Im Jahre 1755 waren die Dienste für Arholzen folgendermassen festgelegt: Der Vollmeier Joachim Grupe diente mit dem Gespann nach Allersheim zwischen Petri und Martini im Sommer in der Woche 2 Tage und im Winter wöchentlich an einem Tage in der Woche. Die Halbmeier leisteten nur die Hälfte an Spanndiensten. Die Köter und Brinksitzer dienten mit der Hand und zwar die Gross- und Kleinköter entsprechend wie die Voll- und Halbmeier, während die Brinksitzer und Neuen Anbauer im Sommer nur alle 14Tage und im Winter alle 4 Wochen 1 Tag Handdienste zu leisten hatten. Der Spanndienst wurde durch Fahren und Pflügen abgeleistet. Jeder Pflichtige hatte zu der ersteren Arbeit einen Wagen mit 4 Pferden und 2 Männern und zum Pflügen 1 Pflug mit 2 Pferden und 1 Mann zu stellen. Nicht abgeleisteter Dienst mußte in Geld abgezahlt werden. 1841 wurden für einen Tag 5 Gute Groschen (1 Taler = 24 Ggr. zu 12 Pfg.) Dienstgeld gerechnet. Der Handdienst der Köter und Brinksitzer wurde zu den Arbeiten benutzt, die auf der Domäne Allersheim vorfielen. Jedoch durften die Brinksitzer und Anbauer nicht zum Mähen herangezogen werden. Arbeiten, die keiner Männerkraft bedurften, konnten auch von Frauen und jüngeren Personen ausgeführt werden. Für einen Tag nicht abgeleisteten Handdienst waren 1 Ggr.4Pfg. zu zahlen. Das Amt mußte die Leute während der Zeit ihres Dienstes beköstigen. Es war ganz genau festgesetzt, wieviel der einzelne an Speisen und Getränken zu bekommen hatte. Im Anfang des 19. Jahrhunderts war die Anzahl der Diensttage geringer geworden. Mit Ausnahme der Neuen Anbauer und des Amtsvogtes mußten die Einwohner Arholzens noch jährlich 1 Tag mit der Hand ans Kloster Amelungsborn dienen.
Neben diesen ordentlichen und genau festgelegten Diensten gab es noch außerordentliche Dienstleistungen. Es waren die Burgfeste (ursprünglich zur Instandhaltung der fürstlichen Burgen), Jagddienste, Kriegsfuhren usw. Die Bauern und Brinksitzer Arholzens hatten 1755 jährlich 3 Tage Burgfestdienste mit der Hand an das Amt Allersheim zu leisten. 1755 beklagte sich die Gemeinde, daß sie zu häufig zu Kriegs- und Reihefuhren verpflichtet sei, zumal das Amt klein und die Dörfer Deensen, Forst und Bevern mehr übergangen würden. Jagddienste waren am Solling zu leisten. Die Bewohner des Dorfes mußten bei den von den herrschaftlichen Forstbedienten veranstalteten Klapperjagden als Treiber mitwirken. Dazu kamen die Steuern. Die Kommunalsteuern waren bedeutungslos. Es handelte sich nur um geringe Naturalleistungen. Pfarrer und Opfermann (Lehrer) besaßen Ländereien. Außerdem bekamen sie eine bestimmte Menge an Broten, Würsten und Eiern. Dorfhirten und Schäfer erhielten ihren Lohn. Immer mehr wuchsen die Staatssteuern im Laufe der Zeit an. Die erste feste Steuer war der Landschaß. Seitdem Dreißigjährigen Krieg kam die bedeutendste Steuer des Landes auf, die Kontribution. 1697 klagten die Gemeinden Braak, Arholzen und Altendorf über die hohen Kontributionsansätze. Sie baten darum, ihre Feldmarken zu besichtigen und die Steuer neu anzusehen, da sie sonst „crepieren“ müßten. 1754 bat der Brinksitjer Joh. Heinr. Eilers jun. in einem Gesuch an den Herzog um Nachlaß der Kontribution (damals für ihn 6 Ggr. 5 Pfg. monatlich) und des Handdienstes, seines 15-jährigen lahmen und elenden Kindes wegen: „ . . . .Wann ich nun bey denen dieserhalb angewendeten vielen Arztney Kosten und Versäumung sehr herunter kommen und bettelarm worden, daß mich bey meiner sauren Hände Arbeit nun fast nicht mehr zu raten noch zu helfen vermag. So werden Ewl. Herzogl. Durchl. hiermit kniefällig und um Gottes Willen angeflehet und gebeten, ....". Die Bauern hatten um 1755 rund 1—2 Taler an Kontribution monatlich aufzubringen. 1755 hatten die Einwohner insgesamt 539 Taler an Steuern (Kontribution einschl. Fourage, Proviantgeld und Landschatz) zu zahlen. Zum Vergleich: Damals kostete 1 Himten (1 Himten = 31 kg) Gerste 12—13 Mariengroschen (1 Taler = 36 Mgr. zu 8 Pfg.), 1 Brot (4 Pfd.) = 2 Mgr., 8 Eier = 1 Mgr., 1 Tonne (100 l) Bier = 1 Taler 23 Mgr. 2 Pfg. 1775 wurde ein großer Ochse mit 6 Tlr. bezahlt (Eggeling, Chronik von Stadtoldendorf).
Im Jahre 1755 wurde in Arholzen die Vermessung der Feldmark durchgeführt und das Ergebnis in der Dorf-Feld-Wiesenbeschreibung niedergelegt. Es wurden damals im ganzen vermessen: 52 Morgen Höfe und Gärten, 817 Morgen Äcker, 204 Morgen Wiesen, 472 Morgen Hudekämpe (Weideland), 256 Morgen Anger und Weiden, 16 Morgen Mergelkuhlen usw. und 50 Morgen Triften, Wege, Strafjen und Pläfje in- und außerhalb des Dorfes. Die Ländereien wurden nach dem System der Dreifelderwirtschaft beackert. Es heißt: „Der Ackerbau ist wegen des nahe stehenden Mergels ziemlich gut". Die Wiesen wurden zum größten Teil nur einmal im Jahre gemäht. Die Weide befand sich größtenteils im Solling und war zum Teil mit Deensen und Lobach gekoppelt. Die Viehzucht war 1755 „ziemlich". Es war an Vieh vorhanden: 56 Pferde, 68 Kühe, 14 Rinder, 54 Schweine und 30 Schafe. Erstaunlich hoch war der Bestand an Pferden.
Die Lasten und Dienste waren mit der Zeit immer untragbarer geworden. Die Regierung sah sich deshalb gezwungen, die Aufhebung der Lasten auf gesetzlichem Wege durchzuführen. Am 20. Dezember 1834 wurde ein entsprechendes Gesetz veröffentlicht. Die neugebildete Landes-Ökonomie-Kommission führte nun die Ablösung in den braunschweigischen Gemeinden durch. Das Ablösungskapital, das einmalig gezahlt wurde, sollte den 25fachen Betrag der Summe der jährlich zu entrichtenden Lasten betragen. Bei der Ablösung von Diensten sollte der 18fache Betrag genommen werden. Die Summe konnte nach einer bestimmten Zeitspanne und auch in Raten abgegeben werden.
In rascher Aufeinanderfolge kamen nun die Ablösungsverträge zustande. 1836 wurde die Abgabe des Rauchhuhnes abgelöst. Die Ablösungssumme betrug für die 39 Hühner, die jährlich aus Arholzen geliefert wurden, 81 Taler 19 Gute Groschen (1 Taler = 24 Ggr. zu 12 Pfg.)- Für ein Huhn waren 2 Tlr. 2 Ggr. 4 Pfg. zu geben. Ein Huhn kostete damals 2 Ggr. Im gleichen Jahre fielen die Erbenzinse und der Schleifmühlenzins des Brinksitzers Anton Lohmann. 1840 folgte die Ablösung des nach Amelungsborn zu zahlenden Garten-, Wiesen- und Meierzinses, sowie der Hühner und Eier. 1841 wurde der Hand- und Spanndienst aufgehoben. Schwierig war die Umrechnung in Ablösungskapital. Im ganzen wurde für den Handdienst eine Summe von 1763 Tlr. 21 Ggr. 11 Pfg. und für den Spanndienst ein Kapital von 1310Tlr. 3Ggr. 6 Pfg. errechnet. Interessant ist, daß der Amelungsborner Dienst ohne Entschädigung aufgehoben werden musste, weil der Gegenwert (Verpflegung) den Wert der Leistung überstieg. 1842 schließlich wurde derZehnte abgelöst, der ans Kloster Amelungsborn abgeführt werden mußte. Das Kapital für 793 Morgen 57 Ruten betrug 9986 Tlr. 15 Ggr. Gleichzeitig wurde der Fleischzehnte abgelöst. Die Summe für 43 Gänse betrug 13 Tlr. 9 Ggr.
Das Jahr 1863 brachte die Aufhebung der Weide-, Mast- und Fallholzberechtigungen, die Arholzen im Solling (Forstrevier Merxhausen) besaß. Die Gemeinde wurde abgefunden mit dem Liethberg, dem Glaserhai und dem Heidbrink.
Vollständige Klarheit in die Besitzverhältnisse brachte die Separation. Der Rezeß darüber, die General- und Spezialteilung auf der Feldmark Arholzen betreffend, wurde am 10. Dezember 1904 vollzogen und am 1. August 1905 bestätigt. Damals wurde die mit dem Hof Nr. ass. 7 verbundene Privatschäferei abgelöst, die gemeinschaftliche Hirtenhaltung aufgehoben, die gemeinschaftlichen Grundstücke (Weideland) geteilt und eine Regulierung der Grenzen der Feldmark Arholzen gegen die benachbarten Forsten und Feld-
marken vorgenommen. Die gesamte Feldmark war schon im Jahre 1890 vermessen und 1894 neu eingeteilt worden. Dabei wurden die Grundstücke zusammengelegt (Verkoppelung) und ihr Wert errechnet. Bei der Neueinteilung verfuhr man so, daß jedem Beteiligten der Anteil an Gärten, Äckern, Wiesen und Privatängern zurückgegeben wurde, der dem Wert seines Besitzes vor der Separation entsprach. Nach der Vermessung enthält die Feldmark Arholzen: 13,15 ha Hof-und Baustellen, sowie Gärten im Dorf, 4,17 ha Gärten im Feld, 243,35 ha Äcker, 59,02 ha Wiesen, 103,99 ha Anger, 18,15 ha Wege, 0,85 ha Gräben und Gewässer, 1,93 ha Sand, Grand und Mergelgruben und 6,35 ha Eisenbahngelände, insgesamt 450,96 ha.
Die Separation hat eine tiefe Umwandlung in den dörflichen Verhältnissen hervorgerufen. Das Wegenetz ist in Arholzen um die Hälfte vergrößert worden und berührt seitdem jedes einzelne Feld. Das bedeutete die Aufhebung des alten Flurzwanges. Die Dreifelderwirtschaft wurde abgeschafft und durch Einführung der Fruchtfolge abgelöst.
Die Kirche.
Von dem Ursprung und der Fundation (Gründung) der Kirche sind keine schriftlichen Nachrichten vorhanden", so berichtete im Jahre 1750 Christian Friedrich Degner, Prediger an der Kirche zu Arholzen. Unser Heimatdorf war gleich Braak ursprünglich nach Stadtoldendorf eingepfarrt. Daraus ergaben sich gegenüber der Stadtoldendorfer Kirche und Pfarre Verpflichtungen, denen sich die Gemeinde immer wieder zu entziehen suchte. Bei Eggeling, Chronik von Stadtoldendorf, können wir nachlesen, wie das Verhalten der Gemeinde Arholzen oft zu Klagen Anlaß gab: Sie verweigerte den Pfarrzehnten, sie musste erst vom Konsistorium angehalten werden, am Aufbau des von den Schweden heruntergerissenen Kaplanhauses mitzuhelfen, sie entzog sich ihrer Beitragspflicht bei der Neuanschaffung von Glocken usw. Es war das Bestreben der Gemeinde, einen eigenen Pfarrer zu erhalten und sich von Stadtoldendorf zu lösen. 1609 erhielt Arholzen die Erlaubnis zum Bau einer Kapelle. Der 2. Stadtoldendorfer Pfarrer (Kaplan, Diakon, Vikar) wurde Pastor in Arholzen und Braak. Die Personalverbindung zwischen Pastor von Arholzen und Diakon von Stadtoldendorf blieb bis heute.
Trotz der Erlaubnis zum Kirchenbau vom Jahre 1609, hatte das Dorf im Jahre 1622 noch kein Gotteshaus und keine Pfarre. Erst später ist eine Kapelle errichtet worden, die etwa 1651 einen Turm erhielt und von dem Generalsuperintendenten Lütkemann zur Kirche eingeweiht wurde. Ein Stein über dem Eingang zeigt die Jahreszahl 1653. Die Tauf-, Trau-und Sterberegister beginnen im Jahre 1651. Pfarrer Degner beschrieb 1750 genau das Kirchengebäude. Es war klein, schlecht und baufällig. Rechts neben dem Altar stand damals noch ein Beichtstuhl. Eine Orgel war noch nicht vorhanden. Im Turm befand sich bereits eine Schlaguhr, die auf Kosten der Einwohner und der Gemeinde 1707 in Einbeck gekauft worden war. Zwei Glocken, in den Jahren 1610 und 1704 gegossen, waren vorhanden. Die größere Glocke von 1704 wurde im letzten Krieg eingeschmolzen. Rings um die Kirche zog sich der Friedhof. Später befand er sich eine Zeitlang unter dem Dorfe, südlich der Straße, wo sich heute die Gärten von Aug. Wittlake und Aug. Jäger befinden. Die Diele der alten Schule (Nr. ass. 13) ist noch heute mit den alten Grabsteinen ausgelegt.
Der Pfarrer erhielt von den Haus- und Hofbesitzern bestimmte Mengen an Gerste, Hafer, Korngeldern, Broten, Würsten, Ostereiern, Oster- und Weihnachtsgeldern. Alles das wurde 1885 mit einem Kapital von 4098,98 M abgelöst. Abgelöst wurde auch die Pflicht des Holzfahrens für die Kirche. Patron der Kirche war der Abt des Klosters Amelungsborn. 1793 wurde am Kirchengebäude ein Um- und Erweiterungsbau vorgenommen. Das Pfarrhaus blieb bis heute in Stadtoldendorf. Die Pastoren in den letzten beiden Jahrhunderten waren: Degner (1745-1752), Dekker, Kühne, Goetje, Volmar, Ritmeier, Wolf, Altenburg, Jeep, Dedekind,Jürgens, Dedekind (-1854), Lüders(-1856), Nehrkorn (-1870), Kellner (-1882), Ilse (-1887), Brackebusch (-1890), Meyer (-1902), Eifjfeldt (-1926), Gropp (-1930), Wandersleben (-1949) und Leonhard (seit 1949).
Die Schule,
Vom Schulgebäude heißt es 1750: „ Das Schulgebäude zu Arholzen ist ein altes Gebrechliches Haus. In selbigem ist linker Hand eine Schulstube; dabey eine kleine Schlaf-Cammer; über derselben ein niedriges Behältnis etwa zum Futter für das Vieh; an der rechten Seyte eine Wohnstube, dabey eine Cammer: ferner der Kuh-Stall, darüber eine Schlaf- und Vorraths-Cammer. Der Boden über dem Hause dienet zur Scheure. Eine Küche ist nicht vorhanden und muß die Feurung zum Essen Kochen auf der Haus-Diehle angelegt werden. An Geräthen findet sich in dem Schul Hause ein Ofen in der Schulstube, welcher unten von Eisen; oben aber von Stein ist; an der Thür ist eine eiserne Klinke mit einem Riemen. Das übrige im Schul Hause an Schloßwerk, Haken-Brettern, die Schulbänke, den Schweine Trog nebst dem Koven selbst; die Krippe im Kuh-Stalle; den Ofen in der Wohnstube; die Thür vor der Treppe und desgleichen vor der Cammer bey der Schulstube hat der alte Schul Meister Frantz Conrad Eylers, wie er aussaget, bey seinem 53-jährigen Schul-Ambte aus seinen Mitteln nach gerade angeschaffet," Zur Schule gehörten damals 3 Morgen Ackerland im Kippholze, sowie ein Garten auf dem Wege zum Solling und ein kleiner Garten beim Hause. Die Einnahmen des Schulmeisters bestanden in 21 Himten (1 Himten = 31 kg) Roggen und 19'/a Himten Gerste. Am Tage vor Weihnachten erhielt er 15 Brote, 15 Würste und 16 Mgr. Am Tage vor Ostern lieferte die Einwohnerschaft 90 Eier und 9 Mgr. Andere feste Einnahmen hatte der Lehrer in seiner Eigenschaft als Opfermann (Küster): Stellen der Kirchenuhr, Herbeischaffen des Kommunionweines, Kirchenmessengeld usw. Ungewisse Einnahmen waren: Winterschulgeld für ein Kind (10 Mgr.), Sommerschulgeld (5Mgr.), Geld für eine Kindtaufe (2 Mgr.), für die Beerdigung eines Kindes (12Mgr.), für die Beerdigung eines Erwachsenen (18Mgr.) usw.
Um 1800 wurde das alte, gebrechliche Schulhaus abgerissen und an derselben Stelle ein neues Gebäude errichtet. Dieses Haus (heute Wohnhaus Nr. ass. 13) hat nur bis 1869 schulischen Zwecken gedient, Es genügte mit seinem einzigen Klassenzimmer nicht mehr, und man baute ihm gegenüber das jetzige Schulgebäude. Die Schulkinder mußten anfangs über den Flur der Lehrerwohnung und auch die Treppe hinauflaufen, um in die Klassenräume zu gelangen. 1924 erst wurden ein eigenes Treppenhaus und getrennte Eingänge zu den Klassen geschaffen.
Lehrer waren in Arholzen seit etwa 1638: Severin (1660 von Jost Pütker, seinem gewesenen Schüler auf freier Strafe ohne Ursache jämmerlich erschlagen), Eylers sen., Eylers jun. (-1748), Eylers (-1787), Tappe (-1803), Libeau (-1824), Lohmann (-1844), Höricke (-1869), Hilmer (-1884), Eikemeyer (-1914), Schmidt (-1945) und Teiwes (seit 1946). Seit 1898 befand sich ein 2. Lehrer im Dorf: Wessel, Helm-holdt, Wilke, Pauli, Blume, Keunecke, Weise, Teiwes, Rinninsland, Sander, Töpert, Meyer (-1914), Lampe (seit 1919), Balke, Giesecke, Graul, Schmalkuche, Zimmermann, Schwier, Wellner, Körber, Want-zelius und Teiwes. Während der beiden Kriege war in Arholzen nur ein Lehrer (Schmidt). 1946 stieg die Kinderzahl durch das Hinzukommen der Flüchtlingskinder von 56 (1939) auf 180. Arholzen bekam wieder einen zweiten Lehrer (Scholz) und noch einen dritten (Kuhtz).
Die Sandsteinindustrie.
Von alters her gehen die Arholzer in die Steinbrüche und brechen den roten Sandstein. Die Brüche ziehen sich an beiden Seiten des Beverbachtales entlang. Der Arholzer Anteil beschränkt sich auf den Heidbrink, den Kippberg, den Fall und das Glasergehai.
Der rote Sollingstein wurde schon vor über 1000 Jahren gebrochen. Bekannte Baudenkmäler unserer Heimat haben als Baustoff den Sandstein: Die Klosterkirche zu Amelungsborn, Schloß Bevern, die Abtei Corvey. Auch zum Bau der Burg Everstein war der Sandstein verwandt worden, wie man es an den Überresten ersehen kann. Unsere Wohnhäuser, Ställe und Scheunen sind schon immer mit Dachsteinen —Sollinger Platten — bedeckt und behängt worden. Von der Fertigkeit der früheren Steinhauer zeugen die schönen
Grabsteine auf unserem Friedhof, an deren Stelle leider immer mehr der fremde Kunststein tritt, sowie alte Viehtränken, Tröge, alte Grenz- und Mahnsteine und die Steinwalzen (zur Feldbearbeitung). Eine besondere Genehmigung zum Steinebrechen war anfangs wohl nicht nötig. Jeder konnte für den eigenen Bedarf überall in den Holzungen Steine brechen (nach Tacke). Der Steinhandel reichte um 1600 bereits bis über Bremen hinaus. Die Zahl der Steinkuhlen belief sich 1587 im Amte Fürstenberg-Holzminden auf 84. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde in Holzminden mit der Steinfaktorei eine Aufsichtsstelle für die Sandsteinindustrie geschaffen. Nachfolgerin der Faktorei wurde die Administration. Das Steingewerbe nahm einen gewaltigen Aufschwung. Um 1750 war das Steinebrechen geradezu die eigentliche Beschäftigung der Leute (Tacke). Von der Arholzer Einwohnerschaft heißt es 1755: „Die meisten kleinen Leute arbeiten auf den Steinkuhlen. Die Meiers (Bauern) gehen auch auf die Steinkuhlen, und gestehen, daß wenn sie nicht jährlich 50 Taler zuverdienen, sie nicht auskommen könnten". Weiter heißt es: „Der Sollingstein ist in dieser Gegend das vornehmste, so aus den Bergen gewonnen wird." 1755 kostete ein Fuder Pflastersteine (36 Quadratellen) ab Bruch 1 Tlr. 8 Ggr. (1 Taler = 24 Gute Groschen zu 12 Pfg.). Zwei Schock oder ein Fuder Dachsteine kosteten 22 Ggr. Wer die Steine selbst brach, konnte sie unentgeltlich abführen. Ein Fuder Lege- oder Bodensteine zu brechen kam auf 20Mgr. Wenn sie ins Ausland verkauft wurden, kosteten sie 1 Tlr. 8 Ggr., 1 Tlr. 6 Ggr. und 1 Tlr. 4 Ggr., je nachdem, ob es Stücke zu einer Elle, 3/4 Elle oder ½ Elle waren. Blieben sie im Lande, so kam ein Fuder auf 1 Tlr. 4Ggr. Von jedem Fuder gingen 22 Mgr. an die Faktoreikasse.
Der Rotsandstein hat sich bis heute gegenüber den neuen und zum Teil billigeren Industrieerzeugnissen wie Ziegel- und Kunststein gehalten. Er findet Verwendung als Bruch-, Pflaster-, Schutt-, Bord-, Quader-, Lege-, Boden-, Dach-, Behangstein usw. Die Steine werden selbst über Deutschlands Grenzen hinaus verschickt. Besonders das steinarme Holland kauft sehr viele Steine (Gartenarchitektur). Für Gartenanlagen finden auch die sogen. Timpen (unbehauene Platten) Verwendung. Besondere Blütezeiten für das Sandsteingewerbe waren die Zeit des Eisenbahnbaues Holzminden—Kreiensen (Tunnel, Viadukte, Brücken, Bahnhöfe und Bahnsteige) vor 1865 und die Zeit vor dem legten Kriege (Autobahnbrücken, Kriegsgräberstätten, Gartenanlagen). Besondere Bauten, zu denen Arholzer Steinbruchunternehmer Steine geliefert haben, sind: Die Arensburg und Werrabrücke (Autobahnbrücken), die Kriegsgräberstätten Langemarck (Belgien), Semendria und Monastir (Jugoslawien), Nazareth (Palästina), sowie die Marineehrenmale Laboe und Möltenort.
Benutzte Quellen und Literatur.
A. Handschriften:
Akten des Landeshauptarchivs Wolfenbüttel: Akten, den 30-jährigen Krieg, insbesondere die kaiserlidne Partei betreffend, Nr. 8 und 12; Geldregister des Amts Fürstenberg, Nr. 18; Erbregister des Amts Fürstenberg von 1584 und 1622; Verzeichnis der Untertanen zu Arholzen von 1663 (Amt Holzminden 11); Dorf- Feld- Wiesenbeschreibung von Arholzen aus dem Jahre 1755 nebst Flurkarte; Brandversicherungskataster des Amts Altersheim von 1803 und des Amtsbezirks Stadt-oldendorf von 1850.
Gemeindeakten zu Arholzen: Rezeß über die Ablösung der Weide-, Masf-und Fallholz-Berechtigungen im Forstrevier Merxhausen von 1863; Rezeß über die General- und Spezialteilung von 1905.
Pfarregistrafur zu Stadtoldendorf: Corpus bonorum von 1750.
B. Druckschriften:
Eggeling, E.: Chronik von Stadtoldendorf, Stadtoldendorf 1936, 2. Aufl. Dieckhoff, O.: Weserbergland, I.Teil, Holzminden 1926.
Keunecke, A.: Zur Geschichte von Arholzen, Täglicher Anzeiger,
Heimatbeilage: Sollinger Heimatblätter von 1935, Nr. 11 u. 12.
Lamprecht, E.: Die Stadtoldendorfer Industrie, Artikel aus: Der Stadtspiegel, ein Büchlein zur Stadtoldendorfer Heimatwodie 1948, Stadtoldendorf 1948.
Tacke, E.: Die Entwicklung der Landschaft im Solling, Oldenburg i. 0.1943.
Teiwes H.: Beiträge zur Ortsgeschichte von Arholzen, Braunschweig 1937.
Ortschaftsverzeichnisse des Herzogtums Braunschweig auf Grund der Volkszählungen von 1871, 1875, 1880, 1885, 1890, 1895, 1900, 1905, 1910, 1925 und 1933.